Das Projekt resa wird unterstützt durch das Ministerium für Soziales,
Gesundheit und Integration aus Mitteln des Landes Baden-Württemberg.
Was ist resa?
In der Istanbul-Konvention (Art. 15 IK) wird ausdrücklich die Aus- und Fortbildung von Angehörigen der Berufsgruppen gefordert, die mit Opfern und Tätern von Gewalt gegen Frauen* zu tun haben. [1]
Das Fetz entwickelt deshalb seit Dezember 2022 konkrete und an verschiedene Zielgruppen angepasste Fortbildungskonzepte zu unterschiedlichen Themen. Die Formate reichen vom einmaligen Vortrag über kürzere Workshops, bis hin zu intensiveren Fortbildungen.
Themen der Workshops sind:
- Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz
- Sensibilisierung medizinischer Fachpersonen
- Sensibilisierung von Expert*innen aus Feldern der Sozialen Arbeit
Darüber hinaus bauen wir eine Trainerinnen*vernetzung für Mitarbeitende aus Frauen*notrufen und Fachberatungsstellen in Baden-Württemberg auf, die in der Fortbildung bereits tätig sind oder tätig sein wollen.
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz
Jede elfte erwerbstätige Person gab einer Umfrage aus dem Jahr 2019 zufolge an, innerhalb der letzten drei Jahre am Arbeitsplatz sexuell belästig worden zu sein[2], einer Studie aus dem Jahr 2015 zufolge sogar jede zweite Person[3]. Die Folgen von sexueller Belästigung reichen weit. Nicht nur für Betroffene, sondern letztlich für den ganzen Betrieb.
Erfreulicherweise bekommt das Thema sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz mehr und mehr Aufmerksamkeit. Politische Akteur*innen beschäftigen sich teils intensiv mit diesem Thema und zudem haben sich bereits viele Betriebe, Behörden und Institutionen auf den Weg gemacht, um die Situation für ihre Mitarbeitenden zu verbessern. Die Anfrage nach Schulungen in diesem Bereich ist ansteigend.
Allerdings erleben wir in unserer Beratungspraxis leider auch, dass nach wie vor betroffene Personen zwar Hilfe und Unterstützung zugesagt wird, dann aber nur selten mit der Belästigung tatsächlich adäquat umgegangen wird. Führungskräfte reagieren oft nicht ausreichend, aus Unwissenheit und der Sorge arbeitsrechtlich inkorrekte Maßnahmen zu treffen. Während Betroffene unter den Folgen der sexuellen Belästigung leiden und sich von ihren Arbeitgeber*innen alleingelassen fühlen, verweilen in vielen Fällen leider immer noch die belästigenden Personen ungehindert auf ihren Positionen. Indirekt wird dadurch der Belegschaft vermittelt, dass sexuelle Belästigungen gebilligt werden. Dies kann das Betriebsklima deutlich verschlechtern.
Bei sexueller Belästigung nichts zu tun, ist in jedem Fall die falsche Entscheidung[4]. Daher zielen unsere Konzepte darauf ab, Arbeitgeber*innen ausreichend zu schulen, damit sie in der Lage sind, ihre Mitarbeitenden im Sinne des AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) zu schützen und zu unterstützen. Mitarbeitende möchten wir über ihre Rechte aufklären und ihnen Handlungsmöglichkeiten aufzeigen, wie sie im Falle einer sexuellen Belästigung vorgehen können.
Infothek
Broschüre der Antidiskriminierungsstelle des Bundes: Was tun bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz – Leitfaden für Beschäftigte, Arbeitgeber und Betriebsräte:
Flyer für Betroffene der Antidiskriminierungsstelle des Bundes: Grenzen setzen – Was tun bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz?:
Broschüre von make-it-work: Was tun bei sexualisierter Belästigung, Diskriminierung und Gewalt am Arbeitsplatz? – Informationen und Hilfe:
Sensibilisierung medizinischer Fachpersonen
In Deutschland haben 40% der Frauen* seit ihrem 16. Lebensjahr körperliche und/oder sexualisierte Gewalt erlebt. Jede siebte Frau* hat sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung erfahren. [5] Die Weltgesundheitsorganisation stuft Gewalt als ein zentrales Risiko für die Gesundheit von Frauen ein[6]. Dennoch bekommt sexualisierte Gewalt in der somatischen Medizin noch immer wenig Aufmerksamkeit. Betroffene Patient*innen wenden sich oftmals mit anderen initialen Behandlungsanliegen an Mediziner*innen. Sexualisierte Gewalt könnte aber die Ursache der Beschwerden sein und sollte zudem im Sinne einer traumasensiblen Versorgung bekannt sein und entsprechend beachtet werden.[7]
Für Frauen* ist nach Traumatisierungen und erlebter Gewalt die Hürde, sich vertrauensvoll an Arzt*innen zu wenden, erheblich. Dadurch nehmen sie oftmals wichtige Behandlungen und Vorsorgeuntersuchungen nicht in Anspruch. Andererseits ergeben verschiedene Studien, dass Ärzt*innen oder andere im Gesundheitsbereich tätige Personen häufig erste Ansprechpartner*innen für gewaltbetroffene Frauen* sind.[8]
Gynäkologische und allgemeinmedizinische Untersuchungen, Blutentnahmen, sowie weitere gesundheitliche Maßnahmen wie beispielsweise bei Physiotherapeut*innen oder Hebammen* können für Frauen* nach sexualisierter Gewalt außerordentlich belastend sein, da sie während der Behandlung an sexualisierte Übergriffe erinnert werden können (Trigger). Viele Betroffene* vermeiden nach erfahrener Gewalt deshalb Vorsorgeuntersuchungen, zahnmedizinische Behandlungen und Krankenhausaufenthalte.
Fortbildungen für Ärzt*innen und weitere medizinische Fachberufe sind deshalb besonders wichtig, damit Frauen* auf sensibilisiertes medizinisches Personal treffen. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie nicht nur direkt nach einer Gewalttat, sondern auch langfristig Angebote aus der Gesundheitsversorgung wahrnehmen können und mit den Folgeerscheinungen von sexualisierten Übergriffen im medizinischen Kontext gut aufgehoben sind.
Eine der Voraussetzungen für eine adäquate Behandlung von gewaltbetroffenen Frauen* ist, dass medizinische Fachpersonen entsprechend geschult und die unterschiedlichen Bereiche des Hilfesystems vernetzt sind.[9] Ziel ist daher nicht nur die Schulung medizinischer Fachkräfte, sondern auch die Vernetzung zwischen Fachberatungsstellen und medizinischen Einrichtungen, da diese eine wertvolle Schnittstelle für das weitere Hilfesystem darstellen.[10]
Sensibilisierung von Expert*innen aus Feldern der Sozialen Arbeit
In Feldern der Sozialen Arbeit werden gewaltbetroffene Frauen* und ihre Bedürfnisse oft nicht ausreichend gesehen. Insgesamt besteht vor allem in Einrichtungen mit frauen*spezifischem Ansatz eine hohe Sensibilität. Dennoch sind Fortbildung und Schulung aufgrund der massiven Gefährdungslage in diesem Bereich besonders wichtig. Deutlich wird dies am Beispiel der Wohnungsnotfallhilfe:
Nicht selten führen massive geschlechtsspezifische Übergriffe zur Wohnungslosigkeit bei Frauen*, weil sie z.B. aus einer gewaltvollen Beziehung fliehen müssen. Wenn Frauen* wohnungslos sind, sind sie dann wiederum besonderen Risiken ausgesetzt. Sie kommen nicht selten bei männlichen „Freunden“ unter, die für diesen Gefallen „sexuelle Dienstleistungen“ erwarten. Aber auch für Frauen* die auf der Straße leben, besteht aufgrund des fehlenden Schutzraums ein hohes Risiko, sexualisierte Gewalt erleben zu müssen. Gewalterlebnisse gehören deshalb zu den alltäglichen Erfahrungen im Leben von wohnungslosen Frauen*.
Daher ist es von großer Bedeutung, Sozialarbeiter*innen dahingehend fortzubilden, dass sie einen Blick für frauen*spezifische Gefahren entwickeln, entsprechende Angebote erweitert werden können und während der Hilfe ein traumasensibler Umgang ermöglicht werden kann.
Schulungsmodule
Die Schulungsmodule befinden sich derzeit in der Erarbeitung.
Haben Sie Interesse? Kontaktieren Sie uns gerne telefonisch unter 0711 – 28 59 002 oder per E-Mail resa@frauenberatung-fetz.de
[1] Die Istanbul-Konvention ist das Gesetz zu dem Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt.
[2] Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2019): Studie „Umgang mit sexueller Belästigung am Arbeitsplatz – Lösungsstrategien und Maßnahmen zur Intervention“
[3] Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2021): Grenzen setzen. Was tun bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz
[4] Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2021): Was tun bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz? Leitfaden für Beschäftigte, Arbeitgeber und Betriebsräte
[5] Schröttle, M & Müller, U (2004) Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland. Eine repräsentative Untersuchung zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland. Im Auftrag des BMFSFJ, Berlin.
[6] WHO (2013): Global and regional estimates of violence against women: prevalence and health of intimate partner violence and nonpartner sexual violence
[7] Deutsches Ärzteblatt (2021): Erfahrungen von sexualisierter Gewalt und psychische Belastungen bei männlichen und weiblichen neuankommenden Geflüchteten in Deutschland
[8] Deutsches Institut für Menschenrechte (2020): Analyse Akutversorgung nach sexualisierter Gewalt. Zur Umsetzung von Artikel 25 der Istanbul-Konvention in Deutschland
[9] Haneck, S und Hahn, D (2022): Effekte von Kooperationen aus die gesundheitliche Versorgung nach häuslicher und sexualisierter Gewalt in Hessen und deren Auswirkungen auf die Umsetzung der Istanbul-Konvention